Alle wünschen sich dass ihre Kinder glücklich werden. Es gibt allerdings ein Land wo neben den Tulpenfeldern auch gleich die Laune der Jüngsten aufblüht.

Der Telegraph zitiert die UNICEF Forschung aus 2013, laut der die holländischen Kinder die glücklichsten Kinder der Welt sind. Jugendlichen von fast 30 Ländern wurden befragt zu Themen wie finanzieller Wohlstand, Gesundheit, Sicherheit, Bildungsmöglichkeiten, Verhalten, Risiken, Umgebung und Wohnmöglichkeiten. Die Niederlande punkteten bei allen Themen sehr gut. 95% der Kinder sagten, dass sie sich glücklich fühlen und das konnten alle anderen Forschungen nur bestätigen. Es ist interessant zu erwähnen, dass die Zufriedenheit gleich bei den kleinsten Kindern zu erkennen ist. In diesem Land weinen die Babys weniger, es ist einfacher sie zu beruhigen, sie lächeln und lachen mehr als z.B. ihre amerikanischen Kolleginnen und Kollegen. Die Psychologen erklären das Phänomen mit kulturellen Gewohnheiten.

Laut dem Artikel vom Independent geht die kinderzentrische Attitüde der holländischen Gesellschaft Hand in Hand mit einer liberalen Erziehung. Die Kinder genießen große Freiheit, sie dürfen experimentieren, erfahren, entdecken und dabei müssen sie wenig Verantwortung tragen. Wir könnten uns Sorgen machen, dass dadurch eine ganze Generation verwöhnt wird, aber das ist nicht der Fall. Die Kinder fügen sich einfacher in eine lockere, friedliche, ausgeglichene Familienatmosphäre ein. Sie fühlen sich besser und glücklicher. Diese Aussage klingt auch mit der UNICEF Untersuchungen überein.

Das ist allerdings nicht nur das Ergebnis der modernen Kindererziehungsmaßnahmen der 20. Jahrhundert. Die Gemälde z.B. von Jan Steen aus dem 17. Jahrhundert bestätigen nämlich, dass die holländische Art der Kindererziehung eine viel ältere kulturelle Tradition hat.

Gemälde von Jan Steen

Aber worauf basiert sich diese Ansicht? Der wichtigste ist, dass die Eltern die Kinder als Individuen betrachten, und nicht als ihre „Eigentum“ über wen sie verfügen. Darüber hinaus sind sie der Meinung, dass die geleistete Arbeit nicht immer zu Erfolg führt, aber die Glückseligkeit hilft, dass man sich erfolgreich fühlt. Erfolgt beginnt für diese Eltern bei der Zufriedenheit der Kinder und bei der von sich selbst.

Stressfreie Schule in den Niederlanden

Die Kinder besuchen ab 4 Jahre die Schule, aber das bedeutet nicht, dass sie den ganzen Tag in den Schulbänken sitzen, sondern dass sie Hilfe bekommen um die Themen zu entdecken für die sie sich interessieren. Die klassische, strukturierte Lehre beginnt mit 6 Jahren in der dritten Klasse. Vielleicht das ist der Grund, warum die holländischen Kinder gerne in die Schule gehen. Sie sind neugierig, sie bleiben motiviert und sie erfahren, dass sie in der Schule sich damit beschäftigen dürfen was sie interessiert. Leistungsorientierung ist nicht typisch und sie bekommen keine oder nur wenige Hausaufgaben. Das lockere und differenzierte Lernen um die Neugier aufzuhalten ist wichtiger als der Wettbewerb um Klassenerste zu werden.

Realistische Eltern, glückliche Kinder

Die holländischen Eltern wissen, dass alle Väter und Mütter eine harte Arbeit leisten. Auch sie begehen natürlich Fehler, auch sie stolpern manchmal, aber sie nehmen das als Gesamtpacket der Elternschaft und versuchen nicht perfekt zu sein. Sie sehen die Sachen realistisch, sie verzeihen auch sich selbst die Fehler und können deswegen das Leben mit Kindern lockerer genießen. Auch Teilzeitarbeit unterstützt die Ausgeglichenheit der Eltern, da sie wöchentlich durchschnittlich 29 Stunden arbeiten. Auch das Schulsystem richtet sich danach: es gibt mittwochnachmittags keine Schule. Deswegen müssen die Eltern nach Hause gehen um auf die Kinder aufzupassen, was die gemeinsam verbrachte Familienzeit erhöht.

Die Eltern verbringen wöchentlich mindestens einen Nachmittag mit den Kindern und sie planen auch für sich „me-time“ ein. Die holländischen Mütter überlegen nicht lang, ob sie auch für sich Zeit nehmen dürfen, sie versuchen nicht krampfartig nach Geburt wieder gleich eine Topfigur zu haben, sie haben kein schlechtes Gewissen, wenn sie nicht alles für die Kinder machen können, vorausgesetzt, dass die Kindern schon groß genug sind, um einiges auch allein zu erledigen. Sie sind selbstsicher, ruhig und sie konkurrieren nicht mit anderen Müttern.

Die holländischen Väter helfen oft bei der Hausarbeit, sie denken nicht, dass sie dadurch weniger maskulin wären, deswegen verteilen sich die Belastungen rund um die Kinder besser, was zu einem ausgeglichenen Familienleben führt.

Ordnung, Ruhe, Disziplin

Diese sind die Wörter was die holländischen Kinder relativ selten hören. Dadurch, dass die Eltern die Kinder ermutigen, um die Welt zu entdecken, die junge Generation hält sich gar nicht zurück. Sie dürfen laut werden, sie dürfen Krach und Unordnung machen, sie dürfen mit Volleinsatz Kind sein und spielen, weil spielen wichtiger ist als leise Obedienz. Die Kinder sind den Erwachsenen gegenüber freundlich und hilfsbereit, aber das bedeutet nicht, dass sie sich automatisch unterordnen würden. Die Kinder dürfen eigene Meinungen haben und es ist positiv bewertet, wenn ein Kind für sein Interesse argumentieren kann.

Die Kindererziehung ist normalerweise kein Machtkampf, und bedeutet kein Spionieren oder Streiten. Es geht darum, um als Eltern gutes Beispiel für die Kinder zu zeigen, das richtige Benehmen zu bestätigen und die Kinder vom schlechten Benehmen zurückzuhalten. Auch zwei holländische Sprichwörter bestätigen diese Ansicht: „Elternschaft bedeutet, dass du übst worüber du predigst“ und das andere ist „Der kleine Hahn lernt, was wie großer Hahn macht“.

Mit dem Fahrrad überall hin

So lange man über die Niederlande nur Bilder gesehen hat, kann man sagen, dass dort viele Leute Fahrrad fahren. Aber wenn man die Möglichkeit hat, dorthin zu reisen, dann fällt es erst auf, dass hier tatsächlich SEHR VIELE Leute Fahrrad fahren. Das flache Gelände kommt natürlich dieser Sport total entgegen, wobei der Regen eine zurückhaltende Kraft sein könnte. Aber dafür wurde die Regenjacke oder Fahrradfahren mit Regenschirm entwickelt. Auch andere akrobatische Elemente können wir auf den Straßen in den Niederlanden beobachten, wie z.B. „Fahrradfahren beim Hand halten“ oder die Formation „5 Kinder auf einem Fahrrad“. Es ist kein Wunder, dass die Kleinsten, die morgens in bakfiets in die Schule fahren, den Weg zur Schule lustig finden.

Schokolade zum Frühstück

Bridget Jones würde sich sehr wohl in den Niederlanden fühlen, wo hagelslag, also das Butterbrot mit Schokoraspeln ein stabiler Bestandteil des Frühstücks ist. Angeblich ist das auch ein Grund, warum die Kinder hier so froh sind. Allerdings gibt es auch in anderen Ländern z.B. Nutellabrot zum Frühstück, also nur rein deswegen sollten die holländischen Kinder noch nicht die fröhlichsten Kinder der Welt sein. Gibt es vielleicht noch andere Geheimtipps?

Dadurch, dass die Familie zusammen frühstückt, startet der Tag immer sehr ruhig. Das tut gut für die ganze Familie, weil das den Zusammenhalt verstärkt, dadurch können die Kinder in der Schule sich besser konzentrieren und sie naschen weniger während des Tages.

Der Artikel vom Telegraph erwähnt zum Schluss den höchstwahrscheinlich wichtigsten Grund, wenn es um die Zufriedenheit der Kinder geht. Nämlich die Freude in den einfachsten Sachen zu finden. Das kann ein gebrauchtes Spielzeug oder Kleid sein, ein gemeinsames Fahrradfahren, gemeinsames Essen, ein Spielplatzbesuch oder einfach ein runder Tag.

Laut dem Interview von cupofjo.com wird in den Niederlanden ein Sprichwort benutzt, nämlich „Sei normal, die Welt ist sowieso verrückt genug“. Und ja, die westliche Konsumgesellschaft wird verrückt um immer die neuesten Sachen zu kaufen, verrückt vom Zwang, immer sehr individuell sein zu müssen. Das ist, was die holländischen Eltern versuchen minimal zu halten, sie steigen bewusst aus diesem Hamsterrad aus, bzw. sie steigen gar nicht ein.

Es gibt sehr viele Faktoren, warum die holländischen Kinder mit dem Leben zufrieden sind. Natürlich gibt es auch in diesem Land Schwierigkeiten und es gibt solche Leute, die nicht so beispielhaft leben, wie es oben steht. Aber es ist merkwürdig, dass von einigen Beispielen abgesehen fast alle Faktoren vom Geld unabhängig sind. Vielmehr zählt, dass die Kinder und die Eltern authentisch bleiben, sie schützen die wichtigen Familienbeziehungen und sie achten aufeinander, damit sie die kleinsten Glücksmomente gemeinsam erleben können.

Quelle: telegraph.com, independent.com, cupofjo.com

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